Blick von Champagne Bouquet ins Marne Tal © Gerhard Rouget
Nichts gegen die großen Champagnerhäuser. Es waren Veuve Clicquot, Pommery & Co, die den Schäumer mit ihren großartigen Weinen weltberühmt machten. Das System: Die großen Häuser kaufen Trauben von kleineren Winzern aus allen Regionen der Champagne und komponieren aus diesem Material den Großteil ihrer Markenweine. Aber auch in der Champagne gibt es kleinere Winzerbetriebe, die ihre Weine aus eigenen Reben herstellen und selbst vermarkten. Der Trend für diese familiären Betriebe zeigt nach oben. Zwei Drittel der Champagnerproduktion stammt von ca. 360 großen Häusern, ein Drittel von Kooperativen und inzwischen ca. 2000 kleineren selbständigen Winzern. Die Trümpfe dieser „Viticulteurs Indépendants“ oder „Récoltants Manipulants“, zu erkennen am kleinen Kürzel RM auf dem Etikett, liegen auf der Hand. Diese Betriebe kontrollieren selbst ihren gesamten Herstellungs- und Vermarktungsprozess. Es braucht keinen Aufwand für Logistik oder weltweites Marketing. So lässt sich preisgünstig kalkulieren. Ein Beispiel: „Champagne Bouquet“ im Herzen des Marne Tals produziert auf sechs Hektar ca. 25.000 Flaschen. Hier dominiert Pinot Meunier, der Rest verteilt sich auf Pinot Noir und Chardonnay. Cécile Bouquet besucht Weinmärkte wie denjenigen im lothringischen Rodemack und fährt bei Bestellung von Kunden in der Nähe auch mal persönlich die Weine aus. So erklärt sich ein Preis für die „Brut Réserve“ von deutlich unter 20 €. Trumpf Nr. 2: Diese Weine spiegeln das Terroir der Orte und Lagen, aus denen sie stammen. Hier den dominanten Pinot Meunier. An der Côte de Blancs südlich von Epernay ist es der auf tiefgründigem Kalk angebaute Chardonnay, in der Montagne de Reims der Pinot Noir. Trumpf Nr. 3: Der familiäre und persönliche Empfang bei diesen Winzern. Auch hier: Nichts gegen die großen Champagnerhäuser, die mit ihren kilometerlangen historischen Kellern und Schauinstallationen der Herstellungsprozesse eine einzigartige Kulisse bieten.
Bei kleineren Winzern wie bei Emmanuel Cosnard in Berru, östlich von Reims, gibt es aber Folgendes: Hier sind unterschiedliche Ausprägungen von Champagner anhand einer einzigen Rebsorte auf dem besonderen Terroir einer einzigen Gemeinde zu erfahren. Cosnard besitzt ausschließlich Chardonnay, 2,5 ha, Bio! Die sechs Chardonnays unterscheiden sich bezüglich des Jahrgangs, die „Cuvée Finesse“ aus 2019 oder den Blanc de Blancs 2010. Unterschiede machen auch der Restzucker – ein Zero-Dosage – und das Alter der Reben sowie der Ausbau in Stahl oder Holz als Variablen. Frau Franca stammt aus Neuss und erklärt gerne in deutscher Sprache. Mit ihrer Vielfalt, dem Familiären und der günstigen Preise sind die kleineren Häuser eine sympathische Ergänzung zu den Top-Marken der Champagne.
Gerhard Rouget
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